Zielformulierung
Ausgehend von den Ergebnissen der Grundlagenermittlung ist es wichtig, frühzeitig den erwünschten Mehrwert der Regenwasserbewirtschaftung für das Vorhaben bzw. Plangebiet zu definieren. Es hat sich als besonders relevant erwiesen, hierfür bereits im Rahmen der städtebaulichen/freiraumplanerischen/verkehrlichen Rahmenplanung bzw. in der sogenannten Leistungsphase 0 – der Bedarfsplanung – von Vorhaben das Thema Regenwasserbewirtschaftung im Sinne einer integrierten Planung zu den sonstigen vorhabens- bzw. gebietsspezifischen sowie übergeordneten Planungszielen ins Verhältnis zu setzen. Die Beantwortung folgender Fragen steht hierbei im Vordergrund:
Zu welchen Planungszielen könnte bzw. sollte die Regenwasserbewirtschaftung einen positiven Beitrag leisten?
Welche Mehrwerte sind besonders wünschenswert?
Wo könnten Konflikte mit anderen Planungszielen und/oder geplanten Flächennutzungen auftreten?
Gibt es Flächennutzungen, die im Sinne der Multicodierung zusammengedacht bzw. räumlich überlagert werden könnten, um hierdurch Mehrwerte zu generieren und/oder Flächenkonkurrenzen zu vermeiden?
Je nach Situation kann es erforderlich sein, die Planungsziele zu priorisieren.
Die Formulierung und ggf. Priorisierung von integrierten Vorhabens- bzw. Gebietszielen dient zusammen mit den belastbaren Grundlagen als Leitplanke für die Wahl und Verortung prinzipiell geeigneter bzw. machbarer Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung und die Bewertung der Alternativlösungen im nächsten Planungsschritt.
Mögliche Ziele mit Bezug zur Regenwasserbewirtschaftung
Folgende Tabelle bietet eine Übersicht zu einigen der möglichen Ziele, zu denen die Regenwasserbewirtschaftung – in Abhängigkeit der Maßnahme – einen Beitrag leisten kann:
Oberflächengewässerschutz/Hochwasserschutz
Grundwasserschutz und -neubildung
Unterstützung des natürlichen Gebietswasserhaushalts
(hoher Verdunstungsanteil, kein/kaum Oberflächenabfluss)
Stärkung des lokalen Gebietswasserhaushalts
(z. B. Stützung von Kleinstgewässern, Feuchtbiotopen)
Verbesserung des Mikroklimas durch Verdunstungskühlung bzw. Reduktion der Hitzebelastung
Verbesserung der Freiraumqualität
(Nutzungs- und Gestaltungsqualität, z. B. Erlebbarkeit, Identitätsstiftung, Begegnung, Barrierefreiheit, Ästhetik)
Beitrag zum Arten- und Naturschutz bzw. Verbesserung der Biodiversität
(z. B. Rolle als Trittsteinbiotop zur Verbindung übergeordneter Grünverbindungen, Bilanzierung als Kompensationsmaßnahme)
Luftreinhaltung
(z. B. Feinstaubbindung durch Begrünung)
Lärmschutz
(z. B. Schallminderung durch Begrünung)
Wirtschaftlichkeit
(z. B. Flächen-, Kosten- und Ressourceneffizienz)
Überflutungsvorsorge/Starkregenrisikomanagement
Vorbildwirkung/Innovation
Umweltbildung
Die bisherige Erfahrung hat wiederholt gezeigt, dass die Einbindung und Anhörung der relevanten Akteurinnen und Akteure im Rahmen der Zielformulierung und -priorisierung zu mehr Akzeptanz und einer nutzergerechten Ausgestaltung der Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen führen, da sich so Konflikte von vornherein reduzieren oder gänzlich vermeiden lassen.
Wichtig dabei ist, dass die Diskussionen und Ergebnisse dokumentiert werden. Abhängig von der Komplexität des Vorhabens – bzw. dem damit einhergehenden Umfang des einzubeziehenden Kreises an Akteurinnen und Akteuren – kann die Beauftragung einer externen Moderation sinnvoll sein.
Mögliche Akteurinnen und Akteure für den Zielfindungsprozess
Folgende Tabelle bietet eine Übersicht zu einigen der zentralen Akteurinnen und Akteure, die fallweise in den Zielfindungsprozess einbezogen werden können:
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz II B
(Wasserwirtschaft, Wasserrecht und Geologie)
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz II C
(Bodenschutz, Boden-, Altlasten- und Grundwassersanierung)
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz II D
(Gewässerschutz, Wasserbehörde)
Berliner Wasserbetriebe
Fachbereich für Verkehr/Tiefbau in der jeweiligen Bezirks- bzw. Senatsverwaltung
Fachbereich für Freiraumplanung/Stadtgrün in der jeweiligen Bezirks- bzw. Senatsverwaltung
(u. a. SenUVK III C Freiraumplanung und Stadtgrün)
Fachbereich für Umwelt- und Naturschutz (UmNat) in der jeweiligen Bezirks- bzw. Senatsverwaltung
(u. a. bezirkliche Bodenschutzbehörden und Gewässeraufsichten für stehende Gewässer 2. Ordnung, SenUVK III B Naturschutz, Landschaftsplanung, Forstwesen)
Fachbereich für Klimaschutz/Klimaanpassung in der jeweiligen Bezirks- bzw. Senatsverwaltung
(u. a. bezirkliche Klimaschutzbeauftragte, SenUVK III A Klimaschutz und Klimaanpassung)
Fachbereich für Denkmalschutz in der jeweiligen Bezirks- bzw. Senatsverwaltung
(u. a. bezirkliche Untere Denkmalschutzbehörden, Landesdenkmalamt)
weitere Infrastrukturbetreiber:innen/städtische Dienstleister:innen
Verbände, lokale Initiativen
künftige Nutzer:innen/Anwohner:innen
(Wohnungsbau-)Unternehmen
Im Ergebnis der Grundlagenermittlung und Zielformulierung kann die Ableitung zusammenfassender Hinweise für die Berücksichtigung der Regenwasserbewirtschaftung im nächsten Planungsschritt hilfreich sein.
Die folgende Abbildung fasst die einzelnen Handlungsempfehlungen und Rollen bzw. Zuständigkeiten der relevanten Akteurinnen und Akteure für den Planungsschritt Zielformulierung zusammen.
Wer?
Erarbeitung partizipativ
öffentliche Straßen und Plätze:
Einbindung BWB, SenUVK II B und II D und/oder UmNat + ggf. weitere Akteurinnen und Akteure
Privatflächen:
Einbindung SenUVK II B und II D und/oder UmNat + ggf. weitere Akteurinnen und Akteure
architektonisches/städtebauliches/freiraumplanerisches Wettbewerbs- bzw. Werkstattverfahren
Die Grundlagenermittlung und Zielformulierung sollte idealerweise vor Beginn eines Wettbewerbs- bzw. Werkstattverfahrens abgeschlossen sein, um damit allen Teilnehmer:innen-Teams im Verfahren eine einheitliche Planungsgrundlage zur Verfügung stellen zu können. Der/die mit der Grundlagenermittlung beauftragte Fachplaner:in kann dann im Rahmen des Verfahrens bspw. auch die Rolle eines Beraters/einer Beraterin für die Teams oder eines/einer Sachverständigen einnehmen, um die architektonischen/städtebaulichen/freiraumplanerischen Entwürfe im Hinblick auf die ggf. vorhandenen Wettbewerbsvorgaben im Bereich Regenwasserbewirtschaftung zu bewerten.
Alternativ kann die Grundlagenermittlung auch auf die einzelnen Teilnehmer:innen-Teams des Wettbewerbs- bzw. Werkstattverfahrens übertragen werden. Dies kann zu einem erhöhten Aufwand bei der Entwurfserarbeitung und ggf. zu unterschiedlichen Bewertungen der Grundlagen führen. In diesem Fall wird empfohlen, dass sich die einzelnen Teilnehmer:innen-Teams mit einem/einer in der Siedlungswasserwirtschaft kundigen Fachplaner:in verstärken.