Haus im Grünen – Zukunft im Blauen

Viele Grundstückseigentümer:innen leiten Regenwasser in die Kanalisation ein. Andere können das nicht. Hier erfahren Sie, wann Sie Regenwasser auf dem eigenen Grundstück bewirtschaften müssen und wie Sie das tun können.

11.01.2024

Grundstücksentwässerung

Dachbegrünung, entsiegelte Flächen und eine künstliche Wasserfläche auf einem Privatgrundstück in Berlin-Mahlsdorf Andreas [Franz Xaver] Süß

In Berlin sind die Bedingungen für Grundstückseigentümer:innen im Umgang mit Regenwasser nicht überall gleich. Im Zentrum gelangt das Regenwasser zusammen mit dem Abwasser in die so genannte Mischwasserkanalisation. Außerhalb des S-Bahn-Rings fließen Abwasser und Regenwasser in getrennten Kanälen ab. Zudem gibt es Gebiete, die über keine Regenwasserkanalisation verfügen, und sogar ein kleiner Restbestand an Altsiedlungen, in der das häusliche Abwasser noch in Gruben gesammelt wird.

Lange war es still um das Thema Regenwasser. Doch das ändert sich. In Folge der Klimaveränderung kommt es häufiger zu Starkregenereignissen oder zu langen Trockenphasen. In ganz Berlin wird das Management von Regenwasser angepasst – weg von der Ableitung hin zur Bewirtschaftung vor Ort. Denn Regenwasser ist hierzulande größtenteils eine knappe Ressource – und manchmal gibt es eben viel zu viel davon.

Es kann daher sein, dass Sie als Grundstückseigentümer:in von den Berliner Wasserbetrieben oder von Ihrem Bezirk verpflichtet werden, »Ihr« Regenwasser weitestgehend auf dem eigenen Grundstück zu bewirtschaften. Dies ist bei (Neu-)Bauvorhaben immer der Fall, kommt aber auch zunehmend bei bereits bebauten Grundstücken vor, wenn im Gebiet keine zentrale Regenentwässerung vorliegt. Gleiches gilt, wenn Altsiedlungen an die Abwasserentsorgung angeschlossen werden.

Exkurs

Unterwelten: Ein Blick in die Berliner Kanalisation

Die Berliner Kanalisation ist heute ungefähr so lang wie die Strecke von hier bis zur peruanischen Hauptstadt Lima: ganze 10.916 Kilometer. Ein erstes Abwassersystem wurde bereits ab 1873 nach Plänen des Baurats James Hobrecht und mit Unterstützung des Arztes und Politikers Rudolf Virchow gebaut. Es hat die Berliner Bevölkerung im wahrsten Sinne »vor Pest und Cholera« gerettet.

Mischwasserkanalisation

Vom ursprünglichen System ist noch weitestgehend die Mischwasserkanalisation erhalten, die sich innerhalb des S-Bahn-Rings befindet. Im Mischsystem gelangen Schmutzwasser aus den Haushalten (z.B. von der Dusche, Spül- und Waschmaschine sowie Toilette) und Regenwasser von den befestigten Flächen gemeinsam zum Klärwerk. Dort wird beides zusammen gereinigt und wieder in die Oberflächengewässer geleitet.

In die großen Sammelkanäle passt problemlos ein PKW. Trotzdem kann die Mischkanalisation bei Starkregen nicht die gesamte Wassermenge aufnehmen: mehrmals im Jahr gelangt mit Regenwasser verdünntes Schmutzwasser in die Spree oder den Landwehrkanal und führt dort zu sofort sichtbaren und längerfristigen Problemen, wie z.B. Fischsterben oder auch die Anreicherung von Schadstoffen im Gewässer.

Deswegen soll im Bereich der Mischwasserkanalisation im Zuge von Sanierungsvorhaben nach und nach, mit Hilfe von Förderung, die Fläche reduziert werden, die über die Kanalisation entwässert wird. Das nennen wir »abkoppeln«.

Bei Neubau gelten hingegen von Anbeginn strenge Begrenzungen für die Ableitung von Regenwasser. Von Vorteil ist, dass Sie als Grundstückseigentümer:in das Niederschlagswasserentgelt zum Teil oder auch vollständig einsparen können.

Schematische Darstellung Mischkanalisation Berliner Regenwasseragentur

Trennsystem

Außerhalb des S-Bahn-Rings werden Schmutz- und Regenwasser in zwei voneinander getrennten Kanälen abgeleitet: das Schmutzwasser ins Klärwerk, das Regenwasser ins nächste Gewässer. Dieses Trennsystem umfasst etwa drei Viertel des Berliner Kanalnetzes und ist erst im zwanzigsten Jahrhundert entstanden.

Schmutzwasserkanäle sind passgenau für die Aufnahme des häuslichen Abwassers dimensioniert und deswegen um ein Vielfaches kleiner als die Regenkanäle.

Die Gewässer, die das Regenwasser aufnehmen, sind oft sehr klein. Bei starkem Regen kommt es zu einer Belastung der Gewässer durch zu viel Dreck von den Straßen und/oder zu hohen Wassermengen in kurzer Zeit.

Und wiederum andere Kleinstgewässer sind von einer Austrocknung bedroht. Sie freuen sich über abgeleitetes Regenwasser – wenn dieses vorher gereinigt wird.

Neuanschlüsse an die Regenkanalisation sind nur noch stark eingeschränkt möglich. Ob und wo eine Abkopplung angestrebt wird, hängt vom aufnehmenden Gewässer ab.

Schematische Darstellung Trennkanalisation Berliner Regenwasseragentur

Wohngebiete ohne Regenkanalisation

In Stadtrandlage gibt es wiederum oftmals Wohngebiete ohne Regenkanalisation. Anders als in den dicht bebauten und großflächig asphaltierten innerstädtischen Gebieten kann das Regenwasser hier, dank der vielen Grünflächen, auf natürliche Weise im Erdreich versickern, von Pflanzen und Bäumen aufgenommen werden und verdunsten.

Ist eine Schmutzwasserkanalisation vorhanden, ist diese nicht für die Aufnahme von Regenwasser gedacht. Trotzdem kommt es vor, dass Regenwasser von privaten Grundstücken aus Versehen oder unerlaubt in die Schmutzwasserkanalisation abgeleitet wird. Wir sprechen hier von »Fehlanschlüssen«.

Gelangen größere Mengen Regenwasser in den Schmutzkanal, quillt Abwasser aus den Kanaldeckeln an die Straßenoberfläche oder strömt in Seen und Flüsse. Besonders unangenehm wird es, wenn sich das Schmutzwasser in den Häusern zurückstaut und Keller überflutet.

Und auch bei Starkregen, wie Berlin sie seit einigen Jahren immer häufiger erlebt, darf das Regenwasser nicht einfach von den Grundstücken auf die Straße laufen, weil es dort zu Überschwemmungen der Straßen oder bei den Nachbarn führt. Aus diesem Grund ist in Gebieten ohne Regenkanalisation die Bewirtschaftung von Regenwasser auf dem eigenen Grundstück schon immer eine Pflichtaufgabe gewesen.

Diese Pflicht besteht weiterhin, wenn Ihr Wohngebiet als Altsiedlung erstmalig an die Schmutzwasserkanalisation angeschlossen wird.

Doch selbst wenn eine Regenkanalisation vor der Haustür liegt, ist es in den Außenbezirken oft ein Leichtes, auf eine dezentrale Regenwasserbewirtschaftung umzustellen und dabei Ihre Betriebskosten zu senken.

Regenwasserbewirtschaftung vor Ort: Sie haben viele Möglichkeiten

Sie haben viele Möglichkeiten, Regenwasser dezentral zu bewirtschaften – abhängig von Grundstück, Bebauung, den natürlichen Gegebenheiten und finanziellen Möglichkeiten. Auch eine Kombination verschiedener Lösungen ist möglich.

Zeichnung eines Grundstücks mit verschiedenen kombinierten Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung

So finden Sie heraus, wohin das Regenwasser auf Ihrem Grundstück fließt

Viele Grundstückseigentümer wissen gar nicht, was mit dem Regenwasser auf ihrem Grundstück passiert. Oft gehen die Regenfallrohre vom Dach einfach in den Boden. Aber dann?

Um einen Überblick über die Regenentwässerung auf Ihrem Grundstück zu bekommen, hilft oft ein Blick auf Ihre Abwasserrechnung oder in die Bauunterlagen. Sie können sich auch bei den Berliner Wasserbetrieben erkundigen. Einen groben Überblick über die bei Ihnen im Gebiet vorhandene Kanalisationsart gibt Ihnen diese Karte der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz.