Wenig Aufwand, große Nebenwirkung: Niedrigschwellige Lösungen

Niedrigschwellige Lösung: entsiegelte Stellfläche vor einer Baumscheibe in der Weisestraße in Berlin-Neukölln
Meist geht es eigentlich um was ganz anderes: Ein Bezirk muss Gehweg und Straße sanieren, weil Baumwurzeln durch Asphalt und Betonplatten gewachsen und zur Gefahr geworden sind.
Oder ein Straßenabschnitt soll verkehrssicherer gemacht werden. Dann werden oft Baumscheiben vergrößert, verkehrsberuhigte Zonen geschaffen oder Gehwege erneuert. „Dass dabei zugleich Versickerungsmöglichkeiten für Regenwasser oder kleine Grünräume und Beete entstehen, ist ein erwünschter Nebeneffekt“, sagt Daniel Geisler von der Berliner Regenwasseragentur. Es handelt sich um niedrigschwellige Lösungen, die meist nicht in kompletten Straßenzügen umgesetzt werden, sondern lediglich auf überschaubaren Abschnitten.
„Das Tolle daran ist, dass sie sich meist ohne großen planerischen und technischen Aufwand, oft schon innerhalb weniger Monate und zu überschaubaren Kosten realisieren lassen”, so Geisler. „Das macht sie für die Bezirke sehr attraktiv.“

Niedrigschwellige Lösung: erweiterte Baumscheiben in der Ruhlsdorfer Straße in Berlin-Kreuzberg
Die Summe macht’s
Auch wenn jede einzelne Maßnahme für sich genommen nur einen kleinen positiven Effekt hat, zeigen sie in der Summe Wirkung. „Vor allem lassen sie sich im dicht bebauten Bestand umsetzen, wo die Transformation hin zur Schwammstadt besonders wichtig und zugleich besonders herausfordernd ist.“ Niedrigschwellige Lösungen seien eine wichtige Ergänzung zu planungs-, kosten- und zeitintensiveren Maßnahmen wie zum Beispiel großflächige Versickerungsanlagen auf oder unter Stadtplätzen.

Niedrigschwellige Lösung: Grüner Gully in der Singerstraße in Berlin-Mitte
„Wir unterstützen die Berliner Bezirke dabei, Möglichkeiten für niedrigschwellige Lösungen zu identifizieren und umzusetzen“, betont Regenagent Geisler. Denn es gibt auch Hürden. So dürfen beispielsweise Straßenabwässer unter anderem nur dann in Baumscheiben abgeleitet werden, wenn sie nicht aufgrund eines hohen Verkehrsaufkommens besonders schadstoffbelastet sind. Neben den großen Chancen weiß die Regenwasseragentur auch um solche Stolpersteine.
„Um den informellen Erfahrungsaustausch untereinander zu fördern, organisieren wir seit 2024 regelmäßige Spaziergänge zu bereits umgesetzten Projekten. Dabei tauschen sich vor allem die Vertreter:innen von Straßen- und Grünflächenämtern und Senatsverwaltungen sowie die Klimaschutzbeauftragten der Bezirke rege miteinander aus.“ Für eine berlinweite Umsetzung sei das enorm wichtig.

Spaziergang durch den Graefekiez im Juni 2024
Regentonnen auf dem Gehweg
Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat im Oktober 2024 einen vereinfachten Genehmigungsprozess für Regentonnen im öffentlichen Raum auf den Weg gebracht. Das in den Tonnen gesammelte Regenwasser der Dachflächen kann zum Gießen von Beeten, Baumscheiben, Blumenkübeln oder Bäumen genutzt werden. Anwohnende oder Gewerbetreibende können nun beim zuständigen Straßen- und Grünflächenamt eine Sondernutzungserlaubnis nach §11 Berliner Straßengesetz beantragen. Der Bezirk selbst hat diese niedrigschwellige Lösung bereits auf fünf Schulhöfen realisiert.