Schub für die Schwammstadt

Wer in Berlin einen Bauantrag stellt, muss seit Juli 2025 auch einen Qualifizierten Freiflächenplan vorlegen. Was das für den Umgang mit Regenwasser bedeutet, erläutert Eike Richter, Vorstandsmitglied der Architektenkammer Berlin und Partner von LA.BAR Landschaftsarchitekten.

17.11.2021

Planungshilfe

Spielanlage auf dem Waldorfcampus Christo Libuda (Lichtschwärmer)

Gestaltete Außenanlage auf dem Waldorf Campus in Berlin-Schöneberg

Herr Richter, worum genau geht es im Qualifizierten Freiflächenplan (QFP)?

Dieses Planungsinstrument soll sicherstellen, dass Außenflächen nachhaltig und qualitätsvoll gestaltet werden. Der QFP muss darlegen, dass auf dem Baugrundstück so wenig Boden wie möglich versiegelt wird und Niederschlagswasser versickert oder zurückgehalten wird. Darüber hinaus muss er Angaben zum Schutz bestehender Bäume, zu Ersatzpflanzungen nach der Baumschutzverordnung, zur Begrünung unbebauter Grundstücksflächen und von Gebäudeteilen sowie zur Gestaltung von Kinderspielplätzen enthalten. Hinzu kommen noch, je nach Lage des Grundstücks, Anforderungen zum Biotopflächenfaktor (BFF). Der BFF gibt an, wie viel eines Grundstücks ökologisch wirksam begrünt oder wasserdurchlässig ist.

 

In welchen Fällen ist ein QFP erforderlich?

Wer einen Baugenehmigungsantrag stellt, muss immer dann einen verbindlichen QFP einreichen, wenn ein Lageplan erforderlich ist, Außenanlagen also im Zuge eines genehmigungsbedürftigen Vorhabens neu gestaltet oder erheblich umgebaut werden. Bei „geringfügigen Vorhaben“, die nicht gegen § 6 der Bauordnung für Berlin verstoßen, braucht man ihn nicht.

 

Gibt es in Berlin bereits Erfahrungen mit dem QFP?

Aufgrund der kurzen Zeit seit Einführung liegen noch keine umfassenden Erfahrungen vor. In einigen Berliner Gebieten ist ein QFP allerdings bereits länger vorgeschrieben, etwa in der Schöneberger Innenstadt oder in Landschaftsplangebieten mit verbindlich vorgeschriebenem Biotopflächenfaktor. Und dort hat sich gezeigt, dass die Freiraumplanung tatsächlich frühzeitig integraler Bestandteil von Projekten war. Ähnlich positive Erfahrungen gibt es aus Städten wie Leipzig, München und Frankfurt am Main, die den QFP bereits früher als kommunale Gestaltungssatzung eingeführt haben.

 

Wie trägt der QFP zur Klimaanpassung bei?

Er bündelt ökologische, technische und baukulturelle Potenziale der Freianlagen und bringt sie frühzeitig in Bauvorhaben ein. Zum Beispiel zwingt er Bauherr:innen und deren Planungsteams, Themen wie Regenwassermanagement, Baumerhalt, Neupflanzungen und Bodenversiegelung frühzeitig zu berücksichtigen. So lassen sich Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung leichter identifizieren und umsetzen – ein Ansatz, der Vorsorge vor Nachsorge stellt.

 

Und wie wirkt er sich speziell auf die Bewirtschaftung von Regenwasser aus?

Wir hoffen, dass das Leitbild der Schwammstadt bei privaten, gewerblichen und öffentlichen Bauvorhaben dadurch einen höheren Stellenwert bekommt. Wenn Baugenehmigungen nur noch erteilt werden, sofern auch die Freiraumplanung angemessen berücksichtigt wird, werden Landschaftsarchitekt:innen hoffentlich früher in die Projekte eingebunden. Dadurch ließen sich zum Beispiel teure technische Anlagen zur Regenwasserrückhaltung durch kostengünstigere und ökologischere naturbasierte Lösungen wie Versickerungsmulden ersetzen.

 

Sie waren bis September 2025 Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Landschaftsarchitekt:innen (bdla), der schon seit Längerem die Notwendigkeit dieses Instruments betont. Sind Sie zufrieden mit der jetzigen Ausgestaltung?

Die Forderungen, die der bdla in einem Positionspapier und einer Handreichung formuliert hat, gingen über die nun eingeführte Regelung hinaus: Danach sollte der QFP in der Bauordnung verankert werden. Unser Vorschlag wurde erfreulicherweise auch in den Entwurf für eine Muster-Umbauordnung der Bundesarchitektenkammer aufgenommen. Der frühere rot-rot-grüne Senat hatte das zwar bereits 2022 beschlossen, aber nicht umgesetzt. Die aktuelle Koalition hat den Plan nun in § 7 der novellierten Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) verankert, also in einer Ausführungsverordnung zur Bauordnung. Als Teil der Bauordnung würde er allerdings für mehr Verbindlichkeit sorgen. Darüber wurde mit Politik und Verwaltung kontrovers diskutiert.

 

Was fehlt Ihnen noch?

Es gibt in der jetzigen Regelung keinen sogenannten Berufsvorbehalt: Es dürfen also nicht nur Landschaftsarchitekt:innen den Plan einreichen, sondern alle, die Bauvorlagen bei der Baubehörde einbringen dürfen. Ein Berufsvorbehalt wäre ein wichtiger Schritt zur Qualitätssicherung: Für Bauämter wäre direkt klar, dass qualifizierte Fachleute den QFP erstellt haben. Das würde auch die Prüfungen vereinfachen.

Ich bin mir jedoch sicher, dass der QFP schon jetzt mit geringem Aufwand eine große Wirkung erzielen kann. Die nun eingeführte Regelung ist ein erster und wichtiger Schritt zu nachhaltigeren Bauvorhaben.