Neubau Unternehmenszentrale der Berlin Hyp

Projektstatus

in Planung oder Bau

Standort

Berlin, Mitte

Projekttypologie

Büro- und Verwaltungsgebäude

Maßnahme

Dachbegrünung Entsiegelung oder teildurchlässige Flächenbefestigung Fassadenbegrünung Regenwassernutzung Versickerung

Planungsbeginn

2020

Fertigstellung

2024

Grundstücksfläche

2 720 qm

Versiegelte Fläche
(nach Fertigstellung)

2 720 qm

Erlaubte Einleitmenge

10 l/(s x ha)

Kurzbeschreibung

Das Projekt zeigt, wie auch bei nahezu vollständig überbauten Grundstücken durch architektonische Lösungen Hand-in-Hand mit Landschaftsarchitektur neue Qualitäten und ein hoher Mehrwert für Nutzer und Stadt erzielt werden kann und durch Einsatz von Dachterrassen, Gründächern, Fassadenbegrünung und dezentraler Regenwasserbewirtschaftung die Abkopplung von der Kanalisation möglich wird.

Prinzipschnitt gestaffelte Terrassen und Gründächer

Projektdetails

Die neue Unternehmenszentrale der Berlin Hyp befindet sich derzeit noch im Bau und wird als 11-geschossiges Gebäude am Traditionsstandort in Berlins Mitte entstehen. Für das nahezu vollständig überbaute ca. 2 700 Quadratmeter große Grundstück ist eine Abkopplung von der Mischwasserkanalisation vorgesehen und das Niederschlagswasser wird künftig in den Untergrund versickert oder über die Dach-/Fassadenbegrünung verdunstet.

 

Durch den Einsatz von Retentionsdächern, die in einer Kaskade hintereinander geschaltet werden, wird der Abfluss von den Dachflächen sehr stark verzögert, sodass der Flächenbedarf der Versickerungsrigole minimiert werden konnte. Bei der Dimensionierung des Gesamtsystems ist neben dem Überflutungsfall auch der Lastfall Schlagregen auf die Fassade berücksichtigt, da die Fassadenfläche die Grundfläche des Gebäudes um ein Vielfaches übersteigt.

 

Rahmenbedingungen:

  • Gut durchlässiger Boden und Flurabstand zum Grund beträgt 5 Meter
  • Begrenzung der Regenwassereinleitung auf 10 l/(s*ha)
  • Innerstädtisches Umfeld, d. h. Grundstück ist zu mehr als 95 Prozent überbaut
  • Die Fassadenfläche des Hochhauses ist deutlich größer als die Grundfläche. Der Lastfall Schlagregen ist maßgebend bei der Bemessung der Anlagen.

Ziele:

  • Zertifikat in Platin der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB)
  • Erfüllung eines Biotopflächenfaktors (BFF) von 0,3
  • Verringerte Betriebskosten durch Entfall des Niederschlagswasserentgelts bei vollständiger Abkopplung

Mehrwert:

  • Verbesserung des Mikroklimas und Unterstützung der Artenvielfalt durch Grün-/Biodiversitätsdächer und Fassadenbegrünung. Über die Dachretention wird eine Anstaubewässerung realisiert.
  • Erhöhung der Grundwasserneubildung durch Versickerung
  • Entlastung der Mischwasserkanalisation

Das anfallende Niederschlagswasser wird über eine Entwässerungskaskade bestehend aus mehreren hintereinander geschalteten Retentionsgründächern gesammelt und verzögert an eine unterirdische Füllkörper-Rigole zur Versickerung ins Grundwasser abgegeben. Die Retentionsdächer weisen einen Daueranstau von 1-2 Zentimeter auf. Dieser dient als Wasserspeicher für die Dachbegrünung und ermöglicht es, dass ca. 30 Prozent des Jahresniederschlags auf den Dächern verbleibt und über die Vegetation wieder verdunstet.

 

Die geplante Dachretention mit Kaskadenentwässerung weicht von den Vorgaben der DIN 1986-100 zur Gebäudeentwässerung ab. An die Dachabdichtung ergeben sich daraus erhöhte Anforderungen. Die Abläufe der Retentionsdächer werden durch Drosseln begrenzt. So wird verhindert, dass es zu einer unplanmäßigen Überflutung auf der tiefer liegenden Dachfläche kommt. Für außergewöhnliche Regenereignisse (seltener als 100-jährlich) ist eine separate Notentwässerung vorgesehen, welche das Wasser von den einzelnen Dachflächen direkt in die Außenanlagen abführt.

 

Bei der Entwässerungskaskade handelt es sich um ein komplexes System mehrerer hintereinander geschalteter Speicher, welche den Abfluss sehr stark verzögern. Für die Bemessung der Systemelemente ist daher eine hydrologische Langzeit-Simulation durchgeführt worden.

 

Zur Berücksichtigung der Fassadenentwässerung bei der Dimensionierung der wasserwirtschaftlichen Anlagen gibt es in den technischen Regelwerken keine Vorgaben. In der Modellierung wurde die in Bezug auf die Windangriffsrichtung maßgebende Fassadenfläche ermittelt und diese in Anlehnung an die DIN 1986-100 mit einem Abflussbeiwert von 0,5 beaufschlagt, um eine abflusswirksame Fläche für die Modellerstellung zu erhalten. Zur Pufferung des Spitzenabflusses von den Fassaden ist der überwiegende Teil der Fassadenrinnen an die Retentionsschicht auf den Dach-/Terrassenflächen angeschlossen.

 

Neben den reinen Gründachflächen mit Vegetationsbereichen werden die Dachebenen auch als Dachterrassen und Aufenthaltsbereiche genutzt, die z. T. öffentlich zugänglich sind. Zusammen mit den Gehwegen in den Freianlagen handelt es sich hierbei um gering verschmutzte Flächen, deren Abfluss einer Regenwasserbehandlung bedarf, bevor das Wasser in den Untergrund versickert wird. Hierfür werden Filterschächte mit Zulassung durch das Deutsch Institut für Bautechnik verwendet.

Das vorgestellte Projekt zeigt beispielhaft, dass auch bei einer sehr hohen Baudichte in einem bereits bestehenden Quartier eine dezentrale Regenwasserbewirtschaftung mit Abkopplung von der Kanalisation möglich und wirtschaftlich ist. Maßnahmen wie Gründächer und Fassadenbegrünung wirken sich mit ihren positiven Effekten (Ästhetik, Mikroklima, Ökologie) auch auf das Umfeld aus.

 

Für die Entwicklung des Entwässerungskonzepts ist ein übergeordneter Ansatz und eine Koordinierung der betreffenden Fachplaner notwendig. Die Einzelelemente der Gebäudeentwässerung (Gründächer, Leitungsführung, Zwischenspeicher im Gebäude, Entwässerung der Freianlagen, Versickerungsanlagen) fallen in unterschiedliche Zuständigkeiten mit einem hohen Abstimmungsbedarf an den Schnittstellen. Durch das begrenzte Flächenangebot ist zusätzlich auch eine enge Abstimmung mit dem Tiefbau beim Baugrubenaushub und der Gründung sowie beim Bauablauf notwendig.