Testbeetfilter Regenwasser Viadukt @ Reallabor RadBahn

Projektstatus

Umgesetzt/Fertiggestellt

Standort

Berlin, Friedrichshain-Kreuzberg

Projekttypologie

Straßen und Plätze

Maßnahme

Regenwassernutzung Urban Wetlands‚ Verdunstungsbeete oder künstliche Wasserflächen

Planungsbeginn

03/2023

Fertigstellung

04/2024

Grundstücksfläche

30 qm

Versiegelte Fläche
(nach Fertigstellung)

30 qm

An die Kanalisation
angeschlossene Fläche

100 qm

Erlaubte Einleitmenge

100 %

Kurzbeschreibung

Unterhalb des U1-Viadukts in Berlin-Kreuzberg hat das Reallabor Radbahn am 25. April 2024 sein Testfeld eröffnet und dabei auch den Testbeetfilter eingeweiht, der das teilweise schadstoffhaltige, vom Gleisbett der Hochbahn abfließende Regenwasser lokal filtert. Damit kann das Regenwasser für die Bewässerung von neu angelegten, versickerungsfähigen Pflanzflächen sowie perspektivisch auch klimawirksamen Pflanzbeet-Ökosysteme in Schwammstadtgestalt nutzbar gemacht werden, anstatt es weiter kostenintensiv ungenutzt abzuleiten.

Testbeetfilter U1 Viadukt 25.04.2024 - Kooperation RadBahn, StadtManufaktur TU Berlin, IfEU GmbH & Ducatus

Perspektive U1-Viadukt mit Testfeld RadBahn und Testbeetfilter 25.04.2024

Anschluss Regenwasser-Rohr mit Testbeetfilter 25.04.2024

Blick auf das Schilf-Sand-Biokohle-Filtermodul 25.04.2024

Testbeetfilter-Standort "vorher" mit Parkplatz 05.03.2023

Testbeetfilter-Standort "vorher" mit Regenwasserrohr 05.03.2023

Testbeetfilter-Standort "vorher" mit spärlich bewachsenem Rasenstreifen 05.03.2023

Projektdetails

Anlass & Rahmenbedingungen

 

Das Reallabor RadBahn ist enge Kooperationspartnerin der StadtManufaktur Berlin – Reallaborplattform, Kooperationsinitiative und Teil der Stabsstelle Science & Society im Präsidium der TU Berlin. Als Modell für nachhaltige Mobilität und Förderprojekt des Nationalen Städtebaus hat die RadBahn dringenden Bedarf unter dem Viadukt der U1-Hochbahn zukunftsfähige blau-grüne Infrastrukturen zu entwickeln. Hierfür spielt die produktive und klimawirksame Nutzung des auf der Hochbahn in großen Mengen anfallenden Regenwassers eine Schlüsselrolle! Damit verknüpft soll ein übertragbares Modell als Blaupause für ein lokales klimawirksames Regenwassermanagement unterhalb von Mobilitätsachsen (Viadukten wie der U1-Hochbahn) entstehen. Dadurch wird ein Upscaling und die Übertragbarkeit von blau-grünen Bausteinen der Schwamm- und Kreislaufstadt auf weitere Standorte ermöglicht. Die StadtManufaktur Berlin mit ihrer eigenen Reallaborexpertise im Bereich blau-grüner Infrastruktur, Kreislaufstadt, Schwammstadt und klimaresilienter Stadtentwicklung sowie in ihrer Rolle als Brückenbauerin und Intermediär begleitet diesen herausfordernden strategischen Transformationsprozess. Sie ist zugleich Katalysator und Inkubator in die Stadt hinein und bringt auch innerhalb der TU Berlin die Expertisen der Fachgebiete zusammen.

 

Herausforderungen

 

In einem ersten Gutachten des Fachgebiets Siedlungswasserwirtschaft wurde die Qualität des abfließenden Regenwassers analysiert. In einer begleitenden Masterarbeit „Qualitative Bestimmung und Beurteilung des abfließenden Regenwassers von einem Hochbahnviadukt hinsichtlich der Bewässerung urbaner Grünflächen, vorgelegt von Aya-Elizabeth Sinno, 3. August 2023“ wurden die Inhaltsstoffe dieses speziellen Niederschlagswassers untersucht. Die gemessenen Stoffe wurden mit den Grenzwerten für Bewässerungswasser und den Schwellenwerten nach Grundwasserverordnung abgeglichen.

 

Im Ergebnis zusammengefasst:

  • Chemischer Sauerstoffbedarf CSB: Überschreitungen
  • Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte: Überschreitungen
  • Schwermetalle: Überschreitung nur im First Flush
  • Anorganische Verbindungen: keine Überschreitungen
  • Polyfluorierte Tenside: keine Überschreitungen
  • Polyzyklische aromatisierte Kohlenwasserstoffe: Überschreitungen
  • Abfiltrierbare Stoffe: Anteil gering

 

Um das wertvolle Regenwasser nicht weiter ungenutzt und kostenintensiv über die zentrale Kanalisation zu entsorgen, wurde in enger Abstimmung mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) als Betreiberin der Hochbahn die Installation eines Testbeetfilters abgestimmt. Zur lokalen Aufbereitung soll ein relativ einfaches Filterverfahren in Anlehnung an Langsamsandfilter verwendet und getestet werden.

 

Die Versorgung von Grünflächen mit (Regen-)Wasser unter dem Viadukt ist eine Herausforderung. Daher möchte das gemeinsame Reallabor-Experiment “Testbeetfilter” in einem ersten Schritt prüfen und zeigen, ob und wie das auf dem Viadukt anfallende, mit Schmutz- und Schadstoffen belastete Regenwasser zukünftig regenerativ und wertschöpfend nutzbar gemacht werden kann.

 

Mit Start der Kooperation zwischen der RadBahn und der StadtManufaktur im Frühjahr 2023 besteht die Herausforderung, eine breite Allianz von Akteur:innen, Kiezbewohner:innen und Engagierten für den wasser- und klimasensiblen Stadtumbau im Bestand zu mobilisieren und langfristig zum wechselseitigen Nutzen zu beteiligen.

 

Herausforderungen sind neben dem Denkmalschutz auch technisch-gestalterische sowie organisatorisch-betriebsorientierte Anforderungen seitens der BVG als kommunale Betreiberin und Verantwortliche für die Hochbahn. In den weiteren Schritten ist das Upscaling des Realexperiments und die Übertragbarkeit auf weitere Abschnitte der Hochbahnstrecke zu prüfen. Dies bezieht sich auch auf ähnlich gelagerte Standorte in Berlin und ggf. auch deutschlandweit.

Was soll erreicht werden?

 

Das Niederschlagswasser aus dem Gleisbett der U-Bahn U1, die in weiten Teilen Kreuzbergs als Hochbahn verläuft, wird in die öffentliche Kanalisation abgeleitet. In diesem Vorhaben soll in einer Systementwicklung versucht werden, das belastete Niederschlagswasser mit einfachen naturnahen Methoden so aufzubereiten, dass es wiederverwendet werden kann. Das gefilterte Regenwasser soll zur Bewässerung und klimawirksamen Verdunstung über Pflanzengesellschaften mit natürlicher Schwamm- und Kühlfunktion sowie für weitere Ökosystemleistungen (z. B. Mehrwerte in puncto Biodiversität, nachwachsende Rohstoffproduktion) genutzt werden.

 

Neben dem technisch-gestalterischen Ziel soll ein kooperativ ausgerichtetes Betreiber:innenmodell mit den relevanten Beteiligten pionierhaft getestet und auf die vielseitige Übertragbarkeit geprüft werden. Hierbei spielen auch neue Berufs- bzw. Betätigungsfelder eine Rolle (analog zum Urban Farming – z. B. Urbaner Wasser-, Rohstoff-, Klimamanager oder auch “Kiezhausmeister:innen”). Anstelle das Regenwasser kosten-, energie- und technikintensiv in die Kanalisation abzuleiten, soll beispielhaft geprüft werden, wie das eingesparte Budget auch für die Etablierung zukunftsfähiger Ausbildungsinhalte genutzt werden kann. Hier sind entsprechende Kooperationen mit IHK, AK und weiteren Aus-, Weiter- und Berufsbildungseinrichtungen angedacht.

 

Ziele hinsichtlich Regenwasserbewirtschaftung & Mehrwerte

 

In einem ersten Schritt wird zunächst in einem geschlossenen “Testbeet” untersucht, ob das darin gefilterte Regenwasser für die Bewässerung der neuen Pflanzflächen unterhalb des Viadukts genutzt werden kann. Die neuen Pflanzflächen sollen als blau-grüne Infrastruktur mit Schwammstadt- und natürlicher Klimaschutzfunktion gestaltet werden und dabei vielseitig förderlich für urbane Ökosystemleistungen sein.
Damit dieser stadtlandschaftsgestalterische Transformationsprozess auch nachhaltig gelingen kann, spielen neue kooperative Betreibermodelle und Betriebsformen eine Schlüsselrolle, Als Intermediäre sind diese an der Schnittstelle zwischen Stadtgesellschaft, angewandter Forschung, kommunalen Unternehmen sowie privat- und sozialwirtschaftlichen Entrepreneur:innen urbaner Kreislaufwirtschaft angesiedelt.

 

Ziele hinsichtlich Regenwasserbewirtschaftung & Betreibermodellen

  • Technisch-gestalterische Blaupause für den Umgang mit belastetem Regenwasser durch blau-grüne Infrastrukturbausteine
  • Lokale klimawirksame, vegetationsfokussierte Nutzung des Regenwassers
  • Kooperativer / Intermediärer Betrieb zwischen kommunalen Unternehmen, Stadtgesellschaft, Entrepreneurship
  • Generierung von Mehrwerten für Gesellschaft, Klima, Ökosysteme vs. Kosten für Entsorgung

Das Niederschlagswasser aus dem Gleisbett der U1-Bahn, die in weiten Teilen Kreuzbergs als Hochbahn verläuft, wird in die öffentliche Kanalisation abgeleitet und gelangt teileweise sogar in den angrenzenden Landwehrkanal. In diesem Vorhaben soll in einer Systementwicklung versucht werden, das belastete Niederschlagswasser mit einfachen naturnahen Methoden so aufzubereiten, dass es zur Bewässerung und Verdunstung von klimawirksamen Pflanzbeeten wiederverwendet und ggf. auch bodenbasiert versickert werden kann.

 

In einem Gleisabschnitt in der Skalitzer Straße wurde deshalb auf der Fläche einer Parkbucht eine Testbeetanlage aufgebaut, die diese Reinigung ermöglichen soll. In vorausgehenden Überlegungen wurde dazu eine bepflanzte Filteranlage vorgeschlagen, die hier im Folgenden beispielhaft ausdetailliert und geplant wird.

 

Es wird vorgeschlagen, ein Speichervolumen von 2 Kubikmeter einzusetzen. In der zur Verfügung stehenden Testbeetfläche lassen sich insgesamt nur 5 Behälter je 1 000 Liter Volumen realisieren. Daher erscheint es sinnvoller, zwei Behälter als Speicher zu nutzen, zwei Behälter als Testbeet zu installieren und einen Behälter als Reserve oder spätere Bewässerungsvorlage vorzusehen. Ein erheblicher Überlauf lässt sich aufgrund des Test-Maßstabs / Reallabor-Experiment-Skalierung kaum vermeiden.

  • Investitionskosten: ca. 15 573 Euro netto; 18 531 Euro brutto
  • Planungskosten: 3 000 Euro netto; 3 570 Euro brutto
  • Betriebskosten geschätzt: pro Jahr  600 Euro netto; 714 Euro brutto

 

Kostentreiber

 

Der Hauptkostentreiber bei der Planung war die inhaltliche Erarbeitung der noch nie realisierten verfahrenstechnischen Lösung der Reinigung des abfließenden Niederschlagswassers aus dem Schottergleisbett der U-Bahn und das Skalieren auf eine sehr kleine Größenordnung (Maßstab Reallabor-Experiment).
Bei den Investitionskosten ist der Kostentreiber zum einen die sehr individuelle manuelle Arbeit zur Fertigstellung und in puncto des Materials der Gesichtspunkt einer weitgehend robusten Materialauswahl gegenüber Vandalismus an diesem öffentlich zugänglichem Ort.

 

Förderung

 

Kombinierte Förderung im Rahmen des Reallabors RadBahn als Projekt des Nationalen Städtebaus (BBSR Städtebauförderung) und des BMBF-Projektes „GartenLeistungen -Phase II“ (Verstetigung, Vervielfältigung der Umsetzungen im Teilprojekt der TU Berlin / StadtManufaktur „Reallabor Mobile Blau-Grüne Infrastruktur“).

  • Multiple Schadstoffbelastung des abfließenden Regenwassers vom Gleisbett des U-Bahn-Viadukts mit Technologieentwicklung im Realexperiment vor Ort begegnen, lokales Skalierungspotenzial sowie räumliche Transferierbarkeit aufzeigen.
  • Multiple Akteurskonstellation: StadtMacher:innen-Reallaborkooperative zwischen Entrepreneurship + angewandter Forschung (RadBahn und StadtManufaktur TU Berlin c/o Stabsstelle Science & Society, zirkuläre Transferstelle im Präsidium) gemeinsam mit BVG (als kommunales Unternehmen), Bezirk, Land sowie weiteren lokalen Unternehmen und Bildungsorganisationen urbaner Kreislaufwirtschaft, die sich über das Thema Regenwasser, blau-grüne Infrastruktur sowie Schwamm- und Kreislaufstadt vernetzen.
  • Neue grundstücks- und akteursübergreifende Betreiber:innenmodelle im Kontext der lokalen kreislauforientierten und klimawirksamen Regenwassernutzung in einem besonderen Experimentierraum als Blaupause ausloten.

 

Charakteristiken

  • Kooperative und intermediäre Kooperations- und Betreibermodelle im Reallaborformat entwickeln
  • Realexperiment, d. h. Offenheit gegenüber neuen, visionär-pragmatischen Lösungen zwischen Technologieentwicklung und sozialer Innovation
  • Skalierung möglich