Baumaßnahmen zur tourismusnahen und klimaangepassten Sanierung und Weiterentwicklung - Gendarmenmarkt

Projektstatus

in Planung oder Bau

Standort

Berlin, Mitte

Projekttypologie

Straßen und Plätze

Maßnahme

Regenwassernutzung Versickerung

Planungsbeginn

2020

Fertigstellung

12/2024

Grundstücksfläche

14 000 qm

Versiegelte Fläche
(nach Fertigstellung)

13 800 qm

An die Kanalisation
angeschlossene Fläche

11 000 qm

Kurzbeschreibung

Die Umsetzung zur tourismusnahen und klimaangepassten Sanierung und Weiterentwicklung des Gendarmenmarktes zeigt, dass auch an hoch versiegelten Plätzen mit dichter Untergrundbebauung eine Versickerung des vor Ort anfallenden Regenwassers möglich ist, sofern ein entsprechender Wille bei allen beteiligten Akteuren vorhanden ist.

Die zentrale Rolle spielt dabei ein System aus insgesamt sechs Rigolen mit einer Speicherkapazität von 480 Kubikmetern.

Herausforderungen waren der hohe Grundwasserspiegel und ein bereits sehr stark bebauter Untergrund durch diverse Leitungsträger.

Mitten in der Stadt wird auf diese Art also der Wasserkreislauf der Natur nachgebildet. Er kann die historische Mitte Berlins vor einigen Auswirkungen des Klimawandels schützen – so werden unter anderem bei Starkregen Überschwemmungen vermieden.

Der historische Platz weist ein Mindergefälle der Oberflächen auf, welches teilweise 1 Prozent unterschreitet. Dies erforderte die Herstellung zusätzlicher Entwässerungseinrichtungen, insbesondere Kastenrinnen, die anfallenden Wasser effizient ableiten.

Herausforderungen waren der hohe Grundwasserspiegel und ein bereits sehr stark bebauter Untergrund durch diverse Leitungsträger.

Einer der bedeutendsten Orte der Berliner Stadtgeschichte erhält ein nachhaltiges Regenwassermanagement und ist künftig barrierefrei nutzbar.

Nach Abschluss der Tiefbauarbeiten wird neuer Naturstein verlegt. Die Mosaikpflaster und Platten orientieren sich dabei an der aktuellen Pflasterrasterung. Das historische Bild der Pflasterfläche bleibt somit erhalten und wird gleichzeitig für die in den letzten Jahrzehnten gestiegenen Nutzungsansprüche modifiziert.

Projektdetails

Die intensive Nutzung eines der beliebtesten Plätze Berlins hat über die vergangenen Jahrzehnte deutliche Spuren mit maroden Oberflächen und temporärer Infrastruktur hinterlassen. Funktional und gestalterisch wird der Gendarmenmarkt den vielfältigen Bedürfnissen und Anforderungen der Bürger:innen, Anrainer- und Anwohner:innen sowie den Gästen der Stadt nicht mehr gerecht. Begleitet durch ein umfangreiches Beteiligungsverfahren, erarbeitete die zuständige Fachverwaltung ein städtebauliches Konzept für die Neugestaltung des Platzes. Auf dieser Basis entwickelt Grün Berlin gemeinsam mit den Berliner Wasserbetrieben den Gendarmenmarkt bis Ende 2024 tourismusnah und klimaresilient weiter. Dazu werden 14 000 Quadratmeter des historischen Platzes saniert und ausgebaut.

 

Aufbau eines zeitgemäßen urbanen Regenwassermanagements:

 

Einer der bedeutendsten Orte der Berliner Stadtgeschichte erhält ein nachhaltiges Regenwassermanagement und ist künftig barrierefrei nutzbar. Kostbares Regenwasser wird aufgefangen und dem Grundwasser zugeführt. Das anfallende Niederschlagswasser wird dafür in unterirdischen Filtrationsschächten gereinigt und in sechs Rigolen gesammelt. Besonders bei Starkregenereignissen fungieren die Rigolen als wichtige Speicherräume. Durch die Erfassung und Rückführung von Regenwasser in das Grundwasser wird nicht nur die kostbare Ressource Wasser geschont, sondern auch das Risiko lokaler Überschwemmungen minimiert.

 

Der historische Platz weist ein Mindergefälle der Oberflächen auf, welches teilweise 1 Prozent unterschreitet. Dies erforderte die Herstellung zusätzlicher Entwässerungseinrichtungen, insbesondere Kastenrinnen, die das anfallende Wasser effizient ableiten. Das Regenwasser kann so entlang des Platzes gesammelt und gezielt in das Regenwassermanagementsystem geleitet werden. Darüber hinaus erforderten die verschiedenen Unterbauten, wie das Tunnelbauwerk der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die Hauptfernwärmeleitungen von Vattenfall sowie weitere unterirdische Bauwerke, wie die Gewölbe des Konzerthauses, die Entwicklung einer dezentralen Rigolenversickerung. Aufgrund des hoch anstehenden Grundwassers mussten die Rigolen einlagig ausgeführt werden und konnten nur dezentral auf dem Platz angeordnet werden, da nur eine geringe Fläche zur Verfügung stand.

 

Ergänzt wird das Regenwassermanagement durch ein unterirdisches, rund fünf Kilometer langes Leitungsnetz für Strom, Wasser und Abwasser. Dieses wird die bisherigen temporär oberirdisch verlaufenden Leitungen auf dem Platz langfristig ablösen. Mit über 50 teils versenkbaren Trinkwasser- und Schmutzwasseranschlüssen und rund 30 unterirdischen Stromanschlüssen können Veranstaltungen künftig unabhängig von der Infrastruktur des Konzerthauses stattfinden. Dadurch verkürzen sich die Auf- und Abbauzeiten erheblich.

 

Arbeiten in dieser Tiefe finden erstmals auf dem Gendarmenmarkt statt, daher starteten die Baumaßnahmen im Oktober 2022 zunächst mit der notwendigen Kampfmittelerkundung. Durch Bohrungen, Grabungen und Schürfungen wurde das Erdreich auf Munition und andere Kampfmittel hin untersucht. Im Anschluss begannen die umfangreichen Tiefbauarbeiten. Rund 6 000 Tonnen Natursteinpflaster wurden dafür abgetragen. Nach Abschluss der Tiefbauarbeiten wird neuer Naturstein verlegt. Die Mosaikpflaster und Platten orientieren sich dabei an der aktuellen Pflasterrasterung. Das historische Bild der Pflasterfläche bleibt somit erhalten und wird gleichzeitig für die in den letzten Jahrzehnten gestiegenen Nutzungsansprüche modifiziert. Die Fertigstellung ist für Dezember 2024 vorgesehen.

Für das Land Berlin treibt Grün Berlin seit 2018 die klimagerechte und barrierefreie Sanierung und Modernisierung des Gendarmenmarktes voran – und arbeitet unter anderem beim Thema Regenwassermanagement eng mit den Berliner Wasserbetrieben zusammen. Die diesbezüglichen Bauarbeiten konnten 2023 schon zur Hälfte fertiggestellt werden. Im Rahmen des Projekts steht die klimaangepasste, nachhaltige und denkmalgerechte Umgestaltung des Gendarmenmarkts im Fokus, die in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden und unter Berücksichtigung der Interessen der Anwohner:innen, Anrainer:innen sowie der touristischen Belange durchgeführt wird. Dadurch sollen öffentliche, kulturelle und wirtschaftliche Nutzungen gefördert sowie der Platz als urbaner Raum mit hoher Aufenthaltsqualität und als bedeutender Ort der Stadtgeschichte Berlins erlebbar gemacht werden. Ein erfolgreicher Abschluss der Arbeiten stellt eine grundlegende Voraussetzung dar, um erneut Veranstaltungen auf dem Gendarmenmarkt durchzuführen. Neben einer umfangreichen unterirdischen Infrastruktur wird einer der bedeutendsten Orte der Berliner Stadtgeschichte gemeinsam mit den Berliner Wasserbetrieben mit einem Regenwassermanagement ausgestattet und zukünftig für die Berliner:innen und Gäste der Stadt barrierefrei nutzbar sein. Veranstaltungen auf dem Gendarmenmarkt profitieren zukünftig von der verbesserten Infrastruktur, ebenso die dort angesiedelten gastronomischen Einrichtungen.

 

Der Bereich des Projekts, welcher in Kooperation mit den Berliner Wasserbetrieben realisiert wird, zeichnet sich durch eine hohe technologische Komplexität aus. Vor dem Hintergrund der begrenzten Platzverhältnisse am Gendarmenmarkt sowie des Mangels an unbefestigten Frei- und Grünflächen erforderte die Planung alternative Ansätze, um eine dezentrale Versickerung größerer Regenwassermengen zu ermöglichen. Ein Prozess von hoher Relevanz für die langfristige Stabilität und Regeneration des Grundwasserleiters. Durch die gezielte Zuführung des gereinigten Regenwassers zum Grundwasser wird nicht nur die Qualität des Grundwassers verbessert, sondern auch die nachhaltige Bewirtschaftung der Wasserressourcen in der Region unterstützt. Somit werden bei einer durchschnittlichen Niederschlagsmenge von 600 Millimeter pro Jahr rund 5 500 Kubikmeter Regenwasser nicht in die Mischwasserkanalisation geleitet, sondern können vor Ort versickern. Somit müssen diese 5 500 Kubikmeter auch nicht zu den Klärwerken außerhalb der Stadt gepumpt werden, was zusätzlich Energie spart.

Die zentrale Rolle spielt dabei ein System aus insgesamt sechs Rigolen mit einer Speicherkapazität von 480 Kubikmetern. Da sie in der am Gendarmenmarkt eingesetzten Ausführung nur 61 Zentimeter hoch sind, wird beim Einbau der Mindestabstand zum Grundwasserspiegel eingehalten. So können mit diesem System Niederschläge gesammelt, via Substratfilter gereinigt und dann sukzessive an den darunterliegenden Boden abgegeben werden. Mitten in der Stadt wird auf diese Art also der Wasserkreislauf der Natur nachgebildet. Er kann die historische Mitte Berlins vor einigen Auswirkungen des Klimawandels schützen – so werden unter anderem bei Starkregen Überschwemmungen vermieden.

 

Die Herausforderung bestand im hohen Grundwasserspiegel sowie im bereits stark bebauten Untergrund durch diverse Leitungsträger. Die Platzfläche von circa 13 800 Quadratmetern musste so entwässert werden, dass das Wasser ohne Pumpen allein durch die Schwerkraft über Kanäle den Weg zu den Filtrationsschächten und anschließend zu den Rigolen findet. Die Anordnung der Schächte musste so erfolgen, dass die Kanäle im ausreichenden Gefälle die vorhandenen Leitungen und Kanäle kreuzen, ohne mit diesen zu kollidieren. Aus den hohen optischen Ansprüchen an das Platzbild gab es die Vorgabe, dass keine Schachtdeckel in den „Pflasterbändern“ platziert werden dürfen. Um eine harmonische Integration der Schachtdeckel in das neue Platzbild zu gewährleisten, wurden diese einzeln und gemäß dem Fugenbild ausgepflastert. Dazu wurden die Steine zunächst ausgelegt, in ihrer genauen Lage markiert und anschließend im Wasserstrahlverfahren präzise zugeschnitten.

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe beteiligt sich mit rund 21 Millionen Euro an den Gesamtkosten der tourismusaffinen Neugestaltung des Gendarmenmarktes. Diese Mittel kommen aus dem Programm zur Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur” (GRW).

Die Sanierung des Platzes ist aus bautechnischer Sicht mit einer Reihe besonderer Herausforderungen, aber auch mit nachhaltigen Chancen verbunden. Ziel ist die Wiederherstellung des Platzes nach historischem Vorbild bei gleichzeitiger Gewährleistung einer barrierefreien Nutzung. Zudem soll der Gendarmenmarkt so entwickelt werden, dass er nicht nur den veränderten klimatischen Bedingungen, sondern auch den gestiegenen Nutzungsansprüchen gerecht wird.

 

Vor Beginn der Bauarbeiten war eine sichere Beräumung des Platzes von Kampfmitteln im Oktober 2022 erforderlich. Dazu wurde das Erdreich auf Munition und andere Kampfmittel hin untersucht, indem Bohrungen, Grabungen und Schürfungen durchgeführt wurden. Im Anschluss begannen die umfangreichen Tiefbauarbeiten. Rund 6 000 Tonnen Natursteinpflaster mussten dafür abgetragen werden.

 

Der historische Platz weist ein Mindergefälle der Oberflächen auf, welches teilweise 1 Prozent unterschreitet. Dies erforderte die Herstellung zusätzlicher Entwässerungseinrichtungen, insbesondere Kastenrinnen, die das anfallende Wasser effizient ableiten. Das Regenwasser wird entlang des Platzes gesammelt und gezielt in das Regenwassermanagementsystem geleitet.

 

Darüber hinaus erforderten die diversen Unterbauungen, wie das Tunnelbauwerk der BVG, die Hauptfernwärmeleitungen von Vattenfall sowie weitere unterirdische Bauwerke, wie die Gewölbe des Konzerthauses, die Entwicklung einer dezentralen Rigolenversickerung.

 

Die Umsetzung zur tourismusnahen und klimaangepassten Sanierung und Weiterentwicklung des Gendarmenmarktes zeigt, dass auch an hoch versiegelten Plätzen mit dichter Untergrundbebauung eine Versickerung des vor Ort anfallenden Regenwassers möglich ist, sofern ein entsprechender Wille bei allen beteiligten Akteuren vorhanden ist.