(Voll-)Entsiegelung
Am umfangreichsten und wirkungsvollsten ist eine Vollentsiegelung. Dabei werden nicht nur alle undurchlässigen Schichten (Deckschicht, Tragschicht, Unterbau) entfernt, sondern auch der verdichtete Boden darunter gelockert und wieder aufgebaut. Flächen, die nicht mehr intensiv genutzt werden, beispielsweise Brachen, können sehr gut komplett entsiegelt werden.
Ziel einer Vollentsiegelung ist es, die natürlichen Bodenfunktionen möglichst weitgehend wiederherzustellen und in Grün- und Gartenflächen, Ackerland, Wald oder Feuchtgebiete umzuwandeln. In einer solchen durchwurzelbaren Bodenschicht kann Regenwasser wieder ungehindert versickern. Der Abflussbeiwert, also die Menge an Niederschlagswasser, die von einer Fläche abfließt, sinkt dadurch vor allem bei ebenen Flächen auf bis zu Null. Wie erwähnt, entlastet das die Kanalisation, senkt bei Starkregen das Überschwemmungsrisiko und unterstützt außerdem die Neubildung von Grundwasser. All diese Faktoren werden als physikalische Bodenfunktionen bezeichnet.
Darüber hinaus haben Böden noch weitere wichtige Funktionen: Sie filtern Schadstoffe und schützen dadurch das Grundwasser. Sie speichern CO2 und tragen so zum Klimaschutz bei. Wir sprechen hier von chemischen Bodenfunktionen.
Schließlich haben Böden biologische Funktionen: Sie sind Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen. Diese Bodenbewohner zersetzen abgestorbene Pflanzen und kleine tote Lebewesen zu Humus und sorgen so für fruchtbare Böden.
So funktioniert‘s
Im ersten Schritt werden Asphalt, Beton oder Pflastersteine und gegebenenfalls Schadstoffbelastungen vollständig entfernt. Im zweiten Schritt werden die darunter liegenden Tragschichten und Aufschüttungen wie Schotter, Kies oder Splitt abgetragen. Dann geht es darum, die verdichteten Bodenschichten zu lockern und den Boden wieder aufzubauen und zu bepflanzen.
Rekultivieren bzw. renaturieren
Durch eine Versiegelung verändert sich der Boden darunter. Denn bevor der Belag aufgetragen wurde, wurde der ursprüngliche Oberboden abgetragen und der Unterboden verdichtet. Es reicht deshalb nicht, nur die Versiegelung selbst zu entfernen. Bei einer Vollentsiegelung geht es auch darum, den Boden zu rekultivieren bzw. zu renaturieren und die natürlichen Bodenfunktionen wiederherzustellen. Rekultivieren heißt, der Boden soll anschließend (land-) wirtschaftlich genutzt werden können. Beim Renaturieren will man einen naturnahen Lebensraum schaffen.
Um die wichtigen Bodenfunktionen nach dem Entsiegeln wiederherzustellen, ist es sinnvoll, geeignetes und schadstofffreies Bodenmaterial aufzutragen. Auch Unebenheiten oder Höhenunterschiede, die durch das Entfernen des Belags entstanden sind, lassen sich dadurch ausgleichen. Das Bodenmaterial muss den Anforderungen der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (§12 BBodSchV) entsprechen. Mindestanforderungen nennt auch die DIN 19731 zur Verwertung von Bodenmaterial. Wichtig sind zum Beispiel der Humusgehalt, der pH-Wert, der Anteil bodenfremder Stoffe und dass das Material frei von Schadstoffen ist.
Um die Bodenstruktur (Bodengefüge) zu verbessern und die im Boden ablaufenden biologischen Prozesse (biologische Aktivität) zu erhöhen, kann der Boden zum Beispiel vorübergehend mit Leguminosen (Hülsenfrüchtler wie Erbsen, Bohnen, Linsen oder Klee) bepflanzt werden. Sie beleben und lockern den Boden, können ihn mit Nährstoffen (Stickstoff) versorgen und schützen ihn vor Erosion (Abtragung von Boden durch Wind und Wasser).
Je nach Standort können zusätzliche Maßnahmen notwendig sein, um den Boden wieder aufzubauen und fruchtbar zu machen. Beispielsweise lässt sich der Nährstoffgehalt des Bodens mithilfe organischer Substanzen wiederherstellen. Auch der Säure- und Basengehalt, die sogenannte Bodenreaktion, muss stimmen. Ist der Boden zu sauer – der pH-Wert ist dann sehr niedrig und liegt bei 4 oder weniger – hilft Kalken. Den pH-Wert kann man mit einem Schnelltest aus dem Baumarkt selbst bestimmen. Um den Nährstoffgehalt zu ermitteln, braucht es hingegen eine professionelle Bodenanalyse (ab ca. 50 Euro).
Wartung
Damit der Boden auch langfristig seine Funktionen erfüllen kann, ist es ratsam, ihn im Abstand von zwei, fünf und acht Jahren nach Abschluss der Entsiegelung von einer Expertin oder einem Experten untersuchen zu lassen.
Maßnahmen-Handbuch
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