Um dem Ziel 1 % Abkopplung der an die Kanalisation angeschlossenen Grundstücks- und Gebäudeflächen näher zu kommen und gleichzeitig das Berliner Stadtgrün mit Wasser zu versorgen, wird über neue Formen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung nachgedacht. «Grundstücksübergreifende Lösungen» zur Bewirtschaftung des Regenwassers werden in Berlin zwar von vielen Seiten begrüßt, bisher wurden aber noch keine derartigen Projekte umgesetzt.
Die Berliner Regenwasseragentur lud deshalb am 17. Oktober 2019 zu einem ersten fachlichen Austausch zum Thema ein. Vertreter:innen von verschiedenen Fachämtern der Bezirke (Stadtentwicklungs-, Straßen- und Grünflächen-, Umwelt- und Naturschutzämter), von den Berliner Wasserbetrieben, Ingenieur- und Landschaftsarchitekturbüros, von einer Stadtentwicklungsgesellschaft, der TU Berlin und der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz tauschten sich zu folgender zentralen Fragestellung aus:
Wie kommen wir zu grundstücksübergreifenden Lösungen für die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung, z. B. zur Nutzung des Regenwassers von privaten Grundstücken in öffentlichen Grünflächen?
Folgende konkrete Umsetzungsideen wurden von den Teilnehmer:innen anhand von Kurzpräsentationen vorgestellt:
- Regenwasser von den Dächern zweier privater Bestandsgebäude in einem öffentlichen Spielplatz versickern und zur Bewässerung bzw. Verbesserung des Mikroklimas nutzen
- Regenwasser von privaten und öffentlichen Grundstücken sowie Straßen in einer öffentlichen Grünfläche versickern (siehe unten: Lösungsansatz für «Buckower Felder»)
- Regenwasser von einem privaten Grundstück behandeln und zur Speisung eines öffentlichen Pfuhls nutzen
- Regenwasser von den Dächern einer Kirche zur Bewässerung der angrenzenden öffentlichen Grünfläche nutzen
In der anschließenden Diskussion wurden folgende Umsetzungshemmnisse und offenen Fragen zusammengetragen:
- Ist die Unterbauung von Spielplätzen bzw. Grünanlagen gemäß Grünanlagengesetz zulässig, z. B. mit Rigolen?
- Existieren besondere Anforderungen an Spielplätze aus Sicht des Gesundheitsamtes, z. B. bei der Versickerung von Regenwasser?
- Führt die Umsetzung von Anlagen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung zu einer Wertminderung des Grundstücks als Bauland? Wie erfolgt die Widmung der Flächen?
- Wer unterhält bzw. betreibt die Anlagen bzw. wer ist zuständig?
- Welche Rolle können die Berliner Wasserbetriebe einnehmen? Können sie Betreiber sein? Wie wären die Schnittstellen im Abrechnungsprozess?
- Wie werden Kosten, z. B. des Betriebes, umgelegt?
- Es wird von einem zusätzlichen (finanziellen) Aufwand in der Planung und Umsetzung ausgegangen.
- Es besteht Unsicherheit darüber, ob rechtliche Hemmnisse existieren.
- Die Befristung der wasserbehördlichen Erlaubnis wird als Unsicherheitsfaktor gesehen.
Der Lösungsansatz für die grundstücksübergreifende Regenwasserbewirtschaftung im neuen Stadtquartier «Buckower Felder» wurde vorgestellt:
Im Rahmen der städtebaulichen Planung für die «Buckower Felder» wurde frühzeitig ein integriertes Regenwasserbewirtschaftungskonzept sowohl für private als auch öffentliche Flächen erstellt. Darin ist vorgesehen einen Teil des Regenwassers von privaten und öffentlichen Grundstücken sowie Straßen auf einer öffentlichen Grünfläche zu versickern. Die Nutzung dieser Grünfläche macht eine Vereinbarung zwischen den Berliner Wasserbetrieben und dem Bezirksamt Neukölln erforderlich.
Wie es mit diesem Projekt weiterging, erfahren Sie hier.
Als maßgebender Faktor für die Lösungsentwicklung zeigte sich, dass die Konzepte Synergien für beide Grundstückseigentümer:innen aufweisen sollten. In der Diskussion wurden reelle und gefühlte Hemmnisse benannt, die es zunächst einmal sachlich zu prüfen und anhand von konkreten Pilotprojekten genauer unter die Lupe zu nehmen gilt. Dabei sollte auch die Diskussion fortgeführt werden, was eine gute grundstücksübergreifende Regenwasserbewirtschaftung ausmacht. Vor dem Hintergrund des Klimawandels wurde es als wichtig eingeschätzt, die Bedarfsseite für Wasser z. B. von öffentlichen Grünflächen stärker in den Fokus zu rücken.
Aktuell begleitet die Regenwasseragentur Pilotprojekte, z. B. in Charlottenburg-Wilmersdorf.