Mehrfamilienhaus Prenzlauer Berg
Dachgarten mit Weitblick

Schon vor dem 1.000 Grüne Dächer Programm haben Berliner:innen Dächer begrünt. Wir lassen in der Reihe »Aus Alt mach Grün« drei von ihnen zu Wort kommen. Die Beispiele sind nicht ohne Weiteres übertragbar. Sie zeigen aber: Die Erstbegrünung von Dächern auf Bestandsgebäuden ist möglich und steigert die Lebensqualität.

24. Oktober 2019
Intensives Gründach

Es fällt sofort ins Auge, wenn man die Wohnung von Michaela Zattler betritt. Durch eine große Fensterfront kommt einem das Grün des Dachgartens geradezu entgegen. Hibiskus, verschiedene Rosensorten, Spalierobstbäume und Sommerflieder sind zu sehen. Wer näher herangeht, entdeckt Storchenschnabel, Rittersporn, Sonnenhut und Astern sowie verschiedene Kräuter und Gräser. »Ich habe mir von einem Profi einen Pflanzplan machen lassen. Wir haben Früh- und Spätblüher kombiniert. So blüht der Garten das ganze Jahr«, erklärt die stolze Gartenbesitzerin.

Intensives Gründach
Intensives Gründach

Auf rund 50 Quadratmetern erstreckt sich das intensive Gründach, das die Mutter von drei Kindern zusammen mit Familie und Gästen nutzt. »Seine eigentliche Größe gewinnt er dadurch, dass er in kleinere Flächen unterteilt ist, die ineinander übergehen«, beschreibt sie die Vorzüge des Dachgartens. Und tatsächlich sind es fünf Beete, zwei Rasenflächen und zwei Sitzbereiche auf Holzterrassen, die – je nach Position – immer wieder neue Perspektiven auf den Garten und den umgebenden Prenzlauer Berg freigeben.

Intensives Gründach

Regenwasser wird gespeichert

Mit der Bewässerung hat Michaela Zattler wenig zu tun. Dafür sorgt vielmehr ein automatisches System. Unter der gesamten Fläche des Gartens befindet sich ein flaches Speicherbecken. Regenwasser, das nicht von dem Substrat und den Pflanzen gespeichert und direkt verdunstet wird, gelangt dort hinein. Über das Substrat der Beete wird durch die Kapillarwirkung der Erde das Wasser nach oben zu den Pflanzen gezogen. In Trockenphasen wird das Becken mithilfe eines Schwimmersystems automatisch mit Leitungswasser nachgespeist. Bei stärkeren Regenereignissen wird überschüssiges Wasser gedrosselt über Fallrohre in die Kanalisation geleitet.

Intensives Gründach
Intensives Gründach

Mit der Planung und Umsetzung des Dachgartens war – neben dem für den Dachgeschossausbau zuständigen Architekturbüro – die plancontext GmbH landschaftsarchitektur aus dem Prenzlauer Berg betraut. Junge, kreative Leute, die Spaß an der Aufgabe hatten, wie Michaela Zattler erklärt. Im Rückblick muss sie über ihre eigenen Vorstellungen schmunzeln: »Wir sahen einen Baum vor uns und ein Stück Rasen, auf dem die Kinder spielten.« Das Büro entwickelte gemeinsam mit der systemherstellenden Firma ZinCo eine originelle Lösung. »Und das war unser großes Glück«, kommentiert sie.

Bewässerung von Gründächern

In Anbetracht der zunehmenden Hitze- und Trockenperioden stellt die Zusatzbewässerung von Gründächern ein immer wichtigeres Thema dar. Je nach Dachbegrünungsart, ästhetischem Anspruch und gewünschter Aufrechterhaltung der Kühlleistung kann eine Zusatzbewässerung sinnvoll sein.

 

Diese sollte bereits bei der Planung des Gründaches mitgedacht werden.

Es gibt verschiedene Varianten der manuellen und automatischen Bewässerung, wie z. B. Tropf- oder Sprühschläuche, Beregnungsanlagen oder Wasseranstau mit Zulauf.

 

Als Alternative zum Trinkwasser kann als Wasserressource auch Betriebswasser genutzt werden. Dafür kommt neben gespeichertem Regenwasser auch aufbereitetes Grauwasser (z. B. aus Waschbecken und Dusche) infrage, welches auch in Trockenperioden kontinuierlich anfällt.

Doch bis es soweit war, mussten erst einmal die Voraussetzungen geschaffen werden. Die Zattlers ließen 2006 das Dachgeschoss ausbauen. Der Dachgarten sollte auf dem Seitenflügel Platz finden. Ihr Architekt holte einen Statiker hinzu. Um das Gewicht des Gründachs auf die Mauern zu verteilen, wurden Stahlträger verlegt. Darauf wurde das Becken aus Beton errichtet und mit zweifacher Schutzfolie versehen. Erst dann folgten die verschiedenen Beete und Terrassen und der Dachgarten nahm Gestalt an.

Intensives Gründach

Bis heute gebe es mit der Konstruktion keine Probleme, so die leidenschaftliche Gärtnerin. Der Gründachaufbau sei dicht, das Bewässerungssystem langlebig. Auch die Pflege sei überschaubar. An zwei Wochenenden im Februar schneidet Michaela Zattler alte Pflanzen ab, andere zurück, düngt die Erde und lockert sie auf. »Und, klar, alle zwei Wochen muss auch der Rasen gemäht werden«, erzählt sie. Dass es so gekommen sei, verdanke sie dem Architekten und Landschaftsarchitekturbüro. »Ich kann jedem nur empfehlen, sich professionelle Unterstützung für die Planung und Umsetzung einer Dachbegrünung zu suchen, um eine individuelle und nachhaltige Lösung zu bekommen.«

Planung und Bau

Bei der Begrünung von Dächern sollten die anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Diese sind in den »Richtlinien für Planung, Bau und Instandhaltung von Dachbegrünungen« (kostenpflichtig) der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) festgehalten.

Durch die zusätzliche Flächenlast werden spezielle Anforderungen an Bauwerk und Dachunterkonstruktion gestellt. Ob die statischen Verhältnisse des Daches eine Begrünung zulassen, sollte fachkundig von einer Fachkraft für Statik geprüft werden.